Sport

Das sind die Erwartungen von Para-Cyclistin Flurina Rigling an der Rad-WM

«Erlebt man nur einmal»

Hedinger Para-Velofahrerin Flurina Rigling freut sich auf Heim-WM

· Online seit 21.09.2024, 07:44 Uhr
Para-Cyclistin Flurina Rigling geht in an der Rad-WM in Zürich als Titelverteidigerin im Strassenrennen an den Start. Im Gespräch mit ZüriToday erzählt sie, welche Herausforderungen in Zürich auf sie warten und wie kompliziert es ist, das optimale Setup zu finden.
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Flurina Rigling, eben erst zurück von den Paralympics in Paris und am Dienstag schon wieder am Start der Rad- und Para-Cycling-WM. Woher nimmst du die Energie dafür?

Flurina Rigling: Das, was ich jetzt mache – den Sport auf diesem Niveau – das ist mein Lebensstil, daraus schöpfe ich Energie. Ich habe mein Handicap seit Geburt. Dadurch wusste ich immer, dass ich mehr investieren muss und mehr Zeit brauche, wenn ich etwas lernen will. Das kommt mir jetzt im Sport zugute. Ich habe auch nie das Gefühl, dass ich für den Sport auf viel verzichten muss. Dazu ist mein Umfeld extrem wichtig. Das fängt bei der Familie an. Wenn man da zum Beispiel mal abgeholt wird oder das Grosmami einem mal die Wäsche zusammenlegt. Auch die Trainer, die Aerodynamik-Analysten, Orthopäden, Biomechaniker, Physio und alle, die mich unterstützen, gehören dazu. Das gibt Kraft.

Wie gross ist die Vorfreude auf die Rad- und Para-Cycling-WM in Zürich?

Die WM zu Hause ist sehr speziell. Das werde ich wahrscheinlich nicht mehr erleben. Normalerweise reist man lang vorher an und hat Jetlag. Das fällt diesmal weg. Trotzdem handhabe ich es, wie ein normales Rennen. Ich werde am Sonntag ins Teamhotel einchecken, weil ich das Gefühl habe, das brauche ich. So bin ich im gewohnten Rennumfeld und habe den Kontakt zu meinen Trainern. Für mich sicher speziell ist aber, dass ich als WM-Botschafterin viele Verpflichtungen rund um das Rennen habe. Damit muss ich gut umgehen und einen Umgang finden.

Die Rennen finden ja fast vor deiner Haustüre statt. Kennst du die Strecke auswendig?

Ich bin den Kurs natürlich mehrmals abgefahren. Letztendlich muss man trotzdem bis zu den Trainings warten. Erst wenn die Strecke abgesperrt ist, erkennt man die schwierigen Details.

Du bist auch Botschafterin der Rad-WM. Der Wettkampf sorgt vor allem auch wegen der Verkehrseinschränkungen für Diskussionen. Wie nimmst du das wahr? 

Klar, habe ich das mitbekommen, ich komme ja aus der Region. Es gibt viele andere Städte, wo es auch funktioniert hat. Ich hoffe, dass es viele positive Erlebnisse durch die WM gibt. In Paris war es so, dass die Menschen während den olympischen Spielen aus der Stadt weggegangen sind. Als die Paralympics starteten, merkten sie dann, was sie verpasst haben und feuerten uns an.

Sichwort Paralympics. Wie war das Erlebnis in Paris für dich?

Das war eine riesige Ehre. Es ist ein Ziel, dass viele Sportlerinnen und Sportler haben. Umso schöner, dass ich es erleben durfte. Paris war ein super Austragungsort. Ich wollte den Schritt an die Paralympics unbedingt machen. Diese Erfahrungen zu sammeln, war sehr wichtig. Jetzt habe ich wieder vier Jahre, um mich dadurch zu verbessern.

Du sprichst von vier Jahren. Sind die Paralympics 2028 in Los Angeles dein Fernziel?

Vier Jahre sind eine lange Zeit. Aber ja, es ist mein Ziel wieder dabei zu sein.

Die Chancengleichheit im Para-Sport ist für dich ein wichtiges Anliegen. Bist du zufrieden mit der aktuellen Entwicklung?

Es ist mir extrem wichtig, herauszustreichen, dass es riesige Fortschritte gibt. Gerade in der medialen Berichterstattung. Bei den Spielen 2020 gab es eine halbstündige Sendung pro Tag im Fernsehen. Jetzt, bei den Paralympics in Paris wurden drei Stunden im Tag gezeigt. Natürlich gibt es Möglichkeiten für mehr. Aber ich bin sehr glücklich, wie es sich entwickelt hat.

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Bei der WM in Zürich finden die Strassenrad- und die Para-Cycling-Wettbewerbe gemeinsam statt. Ist auch das ein Schritt in die richtige Richtung?

Das ist eine riesige Chance. Es war in Glasgow schon ähnlich. Die Stimmung dort, gerade bei den Bahnrennen, war gigantisch. Ich hoffe, dass es in Zürich auch so wird.

Wegen deines Handicaps ist bei dir das Setup am Bike besonders wichtig. Dafür arbeitest du unter anderem auch mit Spezialisten der ETH zusammen. Was musst du dabei beachten?

Genau, ich arbeite mit der ETH und mit Swiss Side zusammen, die mich mit Rädern und im Bereich der Aerodynamik unterstützen. Das Setup ist immer ein Prozess. Ich bin die einzige, die testen kann, wie sich die entwickelten Teile anfühlen. Dabei ist die Kommunikation extrem wichtig, denn am Ende muss es das Ingenieursteam umsetzen.

Kannst du uns ein Beispiel geben, wie das funktioniert?

Beim Strassenlenker merkte ich, ich brauche etwas, das mir mehr Halt gibt, damit ich nicht abrutsche, da mir der Daumen fehlt. Darum habe ich spezielle Schalen, die an die Bremsen angepasst sind und wo die Schaltung drin ist. Das gibt mir mehr Sicherheit und Komfort und auch meine Aerodynamik wurde besser. Aber das gilt nur für das Strassenvelo. Beim Zeitfahr- oder beim Bahnvelo hat man wieder andere Challenges.

Zum Abschluss: Was sind deine Ziele für die WM in Zürich?

Es ist eine grosse Challenge für mich, den Reset zu schaffen und nochmals wie neu an den Start zu gehen. So kurz nach einem Grossevent wie den Paralympics ist das schwierig. Aber ich will einfach bei mir bleiben, meine Leistung abzurufen und alles zu tun, was ich in der Hand habe.

veröffentlicht: 21. September 2024 07:44
aktualisiert: 21. September 2024 07:44
Quelle: ZüriToday

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