Schweiz

AFV-Systeme als Massenüberwachung? Fahndungskameras überwachen Autofahrende

AFV-Systeme

Hunderte Kameras überwachen Autofahrende auf Schweizer Strassen

· Online seit 11.03.2024, 11:19 Uhr
Kantone setzen zunehmend Fahndungskameras ein. Damit wollen sie etwa Lenkern auf die Spur kommen, die mit gestohlenen Fahrzeugen unterwegs sind. Kritikerinnen und Kritiker warnen vor «Massenüberwachung».
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«Big Brother is watching you» – so oder ähnlich verhält es sich auf Schweizer Strassen. Dafür sorgen unauffällig montierte Kameras. Diese filmen die Nummernschilder aller durchfahrender Fahrzeuge. In manchen Fällen werden die Schilder auch mehrere Monate gespeichert.

Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit betreibt laut dem «Tages-Anzeiger» nahe der Schweizer Grenze über 400 Stück der Kameras für automatisierte Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung (AFV). Die Kantone Aargau, Bern, Neuenburg, Obwalden, Schwyz und Tessin planen, AFV-Systeme einzusetzen oder tun dies bereits, wie der Verein Polizeitechnik und -informatik Schweiz mitteilt. Der Kanton Zürich führt mangels Gesetzesgrundlage aktuell keine automatisierte Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung durch.

Total dürften laut der Zeitung heute landesweit rund 450 solcher Kamera-Anlagen in Betrieb sein. Etwa im Kanton Bern sind bereits 24 stationäre und sieben in Polizeiautos installierte Kameras aktiv, in Obwalden drei. Andere Kantone wie das Tessin nennen die Zahl mit Verweis auf die Polizeitaktik nicht. In manchen Kantonen sind ältere AFV-Kameras abgeschaltet. Die Kantone kaufen neue Systeme erst, wenn sie die Gesetze angepasst haben.

150 Treffer pro Monat im Kanton Bern

Laut der Zeitung besteht ein Trend, dass Polizeien die AFV-Systeme ausbauen und diese zunehmend zusammenwachsen. Gleichzeitig kritisiert Links-Grün das Vorgehen. In der Folge schränken die Kantone die Anwendung lokal ein.

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Üblich ist, dass der Kanton die erfassten Nummernschilder mit Fahndungsdatenbanken abgleicht. Auf diese Weise kann er gestohlene oder verschwundene Autos entdecken. Bern, der als Pionierkanton gilt, verzeichnet laut der Kantonspolizei über alle Kategorien rund 150 Treffer pro Monat. Dieser Kanton nutzt die Bilder auch, um Personen mit entzogenem oder verweigertem Führerausweis zu erwischen. Das Material darf die Polizei bald während 60 Tagen aufbewahren. Die Vernehmlassung der Änderung des Polizeigesetzes läuft noch bis am 27. März.

«Anhäufung von Daten unbescholtener Bürgerinnen und Bürger»

Die AFV-Systeme kommen bei Datenschützerinnen und Privatsphäre-Aktivisten schlecht an. Erik Schönenberger, Geschäftsführer der Digitalen Gesellschaft, spricht von einer «Massenüberwachung der Bevölkerung». Vor allem stört er sich am «Anhäufen von Daten unbescholtener Bürgerinnen und Bürger». «Damit lässt sich detailliert nachverfolgen, wie sich Menschen bewegen. Besonders gefährlich ist, dass sich diese Daten mit anderen Datenbanken verknüpfen lassen.»

Der Berner FDP-Regierungsrat Philippe Müller erachtet die Systeme als notwendig, um schwere Straftaten aufzuklären. Etwa könne die Kantonspolizei den Weg eines Lenkers verfolgen, der nach einer Bancomatensprengung mit einem polizeilich gesuchten Fahrzeug unterwegs sei.

Zugriff auf Astra-Kameras? 

Zusätzlichen Zündstoff bringt das Bundesamt für Strassen (Astra). Es betreibt rund 500 Kameras, welche die Schweizer Strassen überwachen. Laut einem Sprecher bieten «weniger als zehn Prozent» dieser Kameras eine Auflösung, die für das Erkennen von Nummernschildern hoch genug ist.

Es sei grundsätzlich möglich, dass die Kantone auf solche Kameras zugriffen und das Bildmaterial in ihre AFV-Systeme einspeisten, bestätigt der Astra-Sprecher. Dies, sofern es im betreffenden Kanton eine Rechtsgrundlage dafür gebe. Die Botschaft zum umstrittenen Luzerner Polizeigesetz nennt die Astra-Kameras bereits ausdrücklich als mögliche Erweiterung des Systems.

(bza)

veröffentlicht: 11. März 2024 11:19
aktualisiert: 11. März 2024 11:19
Quelle: ZüriToday

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