Quelle: Tele Züri / Tele 1 / CH Media Video Unit / Ramona De Cesaris
Rentnerinnen und Rentner bestellten auf dem Sonntagsausflug in der Beiz vielleicht gleich einen doppelten Coupe Dänemark. Das Schweizer Stimmvolk nahm die Initiative für eine 13. AHV-Rente mit über 58 Prozent an. Die Rechnung ohne den Wirt machten «die Boomer» bei bürgerlichen Jungpolitikerinnen und -politikern.
Mit der Annahme der Initiative werde der Generationenvertrag gebrochen, schrieb Florence Pärli, Berner Stadträtin der Jungfreisinnigen, am Sonntag auf X. «Als eine der Jungen bin ich fassungslos, wahnsinnig enttäuscht und ehrlich gesagt gar demotiviert, morgen meiner Erwerbsarbeit nachzugehen.»
Toll, andere (die Jungen!) zahlen ist das Gegenteil von solidarisch.
— Florence Pärli (@FS_Schmid) March 3, 2024
Mit der Annahme der #AHV13 wird der Generationenvertrag gebrochen. Als eine der Jungen bin ich fassungslos, wahnsinnig enttäuscht und ehrlich gesagt gar demotiviert, morgen meiner Erwerbsarbeit nachzugehen.
«Mein Mann und ich ‹chrüppeln›»
Auf Anfrage der Today-Redaktion führt die 33-jährige Juristin aus: «Mein Mann und ich ‹chrüppeln›. Ich bin erwerbstätig, Politikerin und habe nie Wochenende.» Ihr Mann sei Assistenzarzt. Sie zahlten in der Stadt Bern sehr hohe Steuern und die volle Krankenkasse. Auch deshalb sei es bereits jetzt mit ihren Löhnen unmöglich, denselben Lebensstandard wie ihre Eltern damals zu haben und beispielsweise Eigentum zu erwerben.
Natürlich gehe sie am Montag noch gerne zur Arbeit, sagt Pärli. «Es hat mir einfach den Hut gelupft, weil es vielen Babyboomern sehr gut geht und diese Gutgestellten nun ohne Not von der Leistung unserer Generation profitieren werden.» Besonders bitter werde dies aber für Geringverdienende und Familien, die nun wegen der 13. AHV-Rente noch stärker zur Kasse gebeten würden.
Ähnlich klingt es bei Marc Rüdisüli, Präsident der Jungen Mitte Schweiz. «Es darf nicht sein, dass die Rechnung der 13. AHV-Rente nur die Jungen bezahlen. Statt zusätzlich belastet, müssen die jungen Erwerbstätigen und Familien entlastet werden!», fordert er auf X. Tim Voser, Präsident der Jungfreisinnigen des Kantons Aargau, fragt nach einer «Opt-Out-Möglichkeit» für die junge Generation. Solidarität könne man auch überspannen, fügte er an.
«Abstimmung von Arm gegen Reich»
Die 13. AHV-Rente kommt ab 2026 auf das Konto der Rentnerinnen und Rentner. Noch offen ist jedoch, wie die Schweiz den Zustupf finanziert. Der Bund rechnet mit Kosten von rund vier Milliarden Franken.
Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.
SP-Co-Präsidentin Samira Marti weist die Kritik der bürgerlichen Jungpolitikerinnen und -politiker zurück. Bei der Abstimmung habe es sich um keine Abstimmung von Alt gegen Jung gehandelt, sagt sie zur Today-Redaktion. «Eher war es eine Abstimmung von Arm gegen Reich.» Erste Auswertungen zeigten, dass reichere Gemeinden eher Nein gestimmt hätten und solche mit durchschnittlich tieferen Einkommen dagegen Ja.
«Junge zahlen viel weniger als das, was sie erhalten werden»
Den Zustupf für die Rentnerinnen und Rentner will die SP mit um 0,4 Prozent erhöhten Lohnbeiträgen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber berappen. Samira Marti bezeichnet diese Lösung als «extrem sozial». «Menschen mit durchschnittlichem Einkommen müssten wenig abgeben, kämen aber in den Genuss der 13. Monatsrente.»
Junge Arbeitnehmende zahlen laut Marti dabei nicht die Zeche der Pensionierten. Die AHV sei schon immer ein Generationenprojekt gewesen. «Die heutigen Alten haben ihr Leben lang in die AHV einbezahlt, nun haben sie ein Alter in Würde verdient.» Auch Pierre-Yves Maillard, Präsident des Gewerkschaftsbunds, sieht in den Jungen keine ausgepressten Zitronen: «Die Jungen zahlen viel weniger als das, was sie später erhalten werden.»
Geld aus Entwicklungshilfe solle in AHV fliessen
SVP-Nationalrat Mike Egger hat sich mit dem Resultat bereits angefreundet. Der Bevölkerung müsse sicher bewusst sein, dass die 13. Monatsrente die finanzielle Situation der AHV nicht einfacher mache. Am Volkswillen gebe es aber nie etwas zu kritisieren.
Er appelliert an die Jungen, die nicht an die Urne gegangen sind. «Alle Schweizer haben ab 18 Jahren das Recht, abstimmen zu gehen.» Er wünsche sich nach wie vor, dass das Parlament bei der Entwicklungshilfe den Rotstift ansetze. «Damit dieses Geld in die AHV fliessen kann.»