Das Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt sprach die Frau auch der Verleumdung des Ehemanns schuldig. Zusätzlich zur Freiheitsstrafe sprach es eine bedingte Geldstrafe aus. Im Strafvollzug hat die Frau eine ambulante therapeutische Behandlung zu absolvieren. Dem Vater der getöteten Kinder und der ältesten Tochter muss sie Genugtuungs- und Schadenersatzzahlungen entrichten.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann ans Obergericht des Kantons Solothurn weitergezogen werden. Die Staatsanwältin hatte eine lebenslängliche Freiheitsstrafe wegen Mordes verlangt. Der Verteidiger hatte auf 13 Jahre Freiheitsentzug wegen mehrfacher Tötung plädiert.
Messerstiche ins Herz
Die heute 41-jährige Schweizerin hatte am Morgen des 16. Januar 2021 ihre 7- und 8-jährigen Töchter in ihren Betten mit je einem gezielten Messerstich ins Herz getötet. Damit habe sie ihrem damaligen Ehemann «den grösstmöglichen Schaden» zufügen wollen, sagte die Staatsanwältin im Prozess am Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt.
Einige Monate zuvor hatte das Paar sich getrennt. Der Mann wollte die Scheidung. Die Frau habe sich zurückgesetzt gefühlt und sei neidisch gewesen. Ihre älteste, damals 12-jährige Tochter hatte die Frau nicht attackiert. Da sie einen anderen Vater habe, hätte ihr Tod den Noch-Ehemann nicht in gleichem Ausmass getroffen, sagte die Anklägerin. Zudem sei dieses Mädchen viel ruhiger gewesen als die kleineren und habe weniger Betreuung benötigt.
Gemäss verschiedenen Zeugenaussagen war die Frau sei einiger Zeit frustriert über ihr Leben. Sie habe sich eine erfüllendere Tätigkeit gewünscht als jene der Mutter und Hausfrau.
Das ist in Gerlafingen damals passiert:
Quelle: Tele M1 Archivbeitrag vom 7. August 2023
Kinder als Objekt der Frustration
Die Beschuldigte hatte in ihrer Befragung ausgesagt, ihr «damaliges Projekt» seien ihre Töchter gewesen. Allerdings hätte sie sich gewünscht, ein abgebrochenes Studium weiterzuführen. «Sie machte ihre zwei kleinen Kinder zum Objekt ihrer Frustration», sagte die Staatsanwältin im Prozess.
Die Beschuldigte erzählte in ihrer Befragung von ihrer traumatischen Kindheit in elenden Verhältnissen in Südamerika. Als Kleinkind habe sie auf der Strasse mit anderen Kindern Leim geschnüffelt, um den Hunger zu vergessen. Später kam sie in eine Waisenhaus. Im Primarschulalter wurde sie in die Schweiz adoptiert.
So war der Prozess:
Quelle: Tele M1 Archivbeitrag vom 9. April 2024
Starke Ich-Bezogenheit der Angeklagten
Der psychiatrische Gutachter hatte bei der Frau ein Borderline-Syndrom und eine histrionische Störung festgestellt. Dazu gehören unter anderem eine starke Ich-Bezogenheit und ein ausgeprägter Wunsch nach Aufmerksamkeit. Der Gutachter empfahl eine ambulante Behandlung während des Strafvollzugs.
Die Vertreterin der überlebenden Tochter und jene des mittlerweile geschiedenen Ehemanns verlangten eine Verurteilung der Frau gemäss Anklage. Der Tochter sei eine Genugtuung von 100'000 Franken zuzusprechen. Zudem sei die Frau für künftige Folgekosten schadenersatzpflichtig zu erklären. Die Anwältin des Mannes forderte Schadenersatz und Genugtuung von weit über einer Million Franken.
Verteidiger plädierte auf 13 Jahre Freiheitsentzug
Die Beschuldigte solle wegen mehrfacher vorsätzlicher Tötung statt wegen Mordes verurteilt werden. Dies hat der Verteidiger am Dienstag vor dem Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt in Solothurn gefordert. Angemessen seien 13 Jahre Freiheitsentzug.
«Eine Tat in dieser Dimension hat immer eine Geschichte», sagte der Verteidiger. In seinem Plädoyer stellte er die gutachterlich festgestellten Persönlichkeitsstörungen seiner Mandantin als Ursache ihrer Delikte ins Zentrum. Die Schweizerin soll verpflichtet werden, während des Strafvollzugs eine ambulante Behandlung zu absolvieren.
Der Verteidiger rekapitulierte das Leben der Beschuldigten, angefangen bei den ersten Kindheitsjahren in Südamerika - erst als Strassenkind, später in einem Waisenhaus. Auf die Adoption durch ein Schweizer Ehepaar sei die damals Achtjährige nicht vorbereitet worden.
Ihre Jugend in der Schweiz habe seine Mandantin als nicht glücklich geschildert. Die Mutter sei streng gewesen, in der Schule sei sie eine Aussenseiterin geblieben. Der Vater, zu dem sie bis heute eine gute Beziehung habe, sei häufig abwesend gewesen. Mit einem ersten Partner bekam sie die erste, zur Tatzeit 12-jährige Tochter, ein paar Jahre später mit dem zweiten Partner, die beiden späteren Opfer.
Keine genaue Erinnerung
Am Morgen des 16. Januar 2021 habe die Beschuldigte an Suizid gedacht. Sie habe aber ihre beiden 7- und 8-jährigen Töchter nicht allein lassen wollen. Aus diesem Grund habe sie sie in ihren Betten mit jeweils einem gezielten Messerstich ins Herz getötet. Genau an Details erinnern könne sich die Beschuldigte aber nicht.
Die Tat seiner Mandantin sei nicht als Rache am Ehemann zu verstehen, wie dies die Anklage tue, sagte der Verteidiger. Aufgrund ihrer Störung habe sie «subjektiv und von aussen nicht nachvollziehbar» die jüngeren Töchter bei deren Vater in Gefahr gesehen.
Entsprechend habe sie sich in den Wochen vor der Tat gegenüber den Behörden geäussert - in Bezug darauf ist sie der Verleumdung beschuldigt. Von diesem Vorwurf sei sie freizusprechen, sie habe ja nicht bewusst gelogen, sagte der Verteidiger.
(sda/red.)
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