Routine zahle sich bei medizinischen Eingriffen aus, schreibt der Versicherer Groupe Mutuel in einer Medienmitteilung vom Freitag. Geübte Ärztinnen und Ärzte sowie ihre Teams würden vor allem bei komplexen Eingriffen bessere Behandlungsergebnisse erzielen.
Studie: Limiten zu tief angesetzt
Die Spitalplanungs-Leistungsgruppen (SPLG) geben unter anderem deshalb auch Mindestfallzahlen für gewisse Operationen vor, die erreicht werden müssen. Diese geltenden Limits seien aber teilweise deutlich zu tief angesetzt, kommt Daniel Zahnd in seiner Studie zum Schluss, die er im Auftrag der Groupe Mutuel verfasst hat.
Zahnd, der früher unter anderem als Projektleiter beim Bundesamt für Gesundheit tätig war und nun als Berater und Dozent arbeitet, hat gemäss Mitteilung die Höhe der Mindestfallzahlen für medizinische Eingriffe hergeleitet, bei denen landesweit eine mindestens durchschnittliche Behandlungsqualität zu erwarten sei.
Bei einer teilweisen Entfernung der Lunge hält die Studie beispielsweise eine Mindestfallzahl von 90 für angemessen (SLPG: 30). Bei einer Prostata-Entfernung wären es 175 Eingriffe (SLPG: 10) und bei einem Hüftgelenk-Ersatz 303 (SLPG: 50).
Forderung nach Strukturreformen
Die Studie hat den Zusammenhang zwischen Arzt-Routine und Sterberisiko der Patienten bei 25 Krankheitsgruppen untersucht. Bei zehn Eingriffen stellte sie einen signifikanten Zusammenhang von Fallzahl und Sterblichkeit fest. Bei diesen zehn Eingriffen sollen sich gemäss Studie jedes Jahr über 270 Todesfälle verhindern lassen, wenn die hergeleiteten höheren Mindestfallzahlen gelten würden.
Es seien vor allem Regional- und Bezirksspitäler, welche die von der Studie vorgeschlagenen Fallzahlen nicht erreichten, heisst es in der Mitteilung. «Aufgrund der gefundenen Zusammenhänge und dem grossen Unterschied zu den in der Spitalplanung vorgegebenen Mindestfallzahlen wäre es wünschenswert, die strukturellen Reformen im Spitalbereich voranzutreiben», wird Zahnd darin zitiert.
Eines von vielen Kriterien
Mindestfallzahlen hätten ihre Berechtigung, aber sie hätten auch ihre Grenzen, hielt H+ Die Spitäler der Schweiz auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA fest. Der Dachverband kann die in der Studie enthaltene Zahl von 270 vermeidbaren Patienten nicht beurteilen. Er begrüsst aber den wissenschaftlichen Beitrag zur Thematik, da die Literatur zu diesem Thema bisher «eher dünn» sei.
Neben den Mindestfallzahlen seien auch andere Aspekte relevant, entgegnet der Verband weiter. Etwa das Einhalten von Richtlinien und Standardnormen, die Erfahrung der Behandlungsteams und die Organisationsstrukturen eines Spitals. Mindestfallzahlen sollten nicht das einzige Kriterium darstellen.
«Die Umsetzung von empirisch ermittelten Schwellenwerten ist nicht in allen Fällen möglich und sinnvoll», so H+ weiter. Denn: «Die Mindestfallzahlen würden nur noch von einer Handvoll Spitälern erreicht und wären mit einer grossen Umwälzung der Patientenströme verbunden.»