Liebe Lieblingslena, eins vorweg: Du bist NULL Mauerblümchen. Du hast eine Golden Shower erlebt. Nicht, dass du das wirklich wolltest oder gesucht hast. Das weiss ich. Aber du kannst es abhaken. Und sind wir ehrlich: Die Story ist verdammt gut.
Die Buro-nun-nennen-wir-sie-mal-fast-Affäre tut mir leid. Er wird die Story wahrscheinlich nie hören. Und deine Brüste nie ganz nackt in ihrer Pracht sehen. Mir tut beides leid. Was für ein Holzkopf. Komm, wir machen uns auf zu neuen Ufern. Ich komme mit.
Hier derweil auch eine gar nicht so happy Story: Du kennst den super-akward Moment, wenn dir sehr unverhofft dein Ex über den Weg läuft. In Zürich kann das ja ständig passieren. Diese Stadt ist ein Dorf.
Heute Morgen jedenfalls stehe ich an der Tramhaltestelle, bin in Kaffee und Zigarette versunken, als ich Karl sehe. Den kann man ja nicht übersehen mit seinen buschigen Haaren. Karl ist nicht alleine. Vorne an der Brust hängt ein Bündel Menschli an ihm. Es ist sein Bündel Menschli. Eine Tochter. Sie kam vor fünf Monaten zur Welt.
Karl und ich haben uns ja nicht im Schlechten getrennt. Da war einfach die Luft raus. Ich wollte leben und erleben, er wollte Netflix und Chill. Oft sogar ohne Chill. Dafür fühlte ich mich zu jung. Wir machten Schluss, suchten uns je eigene Wohnungen und halfen uns beim Unzug.
Wie alte Freunde irgendwie. Anfangs wollten wir auch befreundet bleiben. Aber du weisst, wie es ist. Es verläuft im Sand.
Ich wusste, dass Karl derweil eine neue Freundin hat. Sie ist, Achtung, 12 Jahre jünger als ich. Haha! Ja nu. Sie hat jetzt jedenfalls geboren. Sie sind, sagt Karl, seeehr glücklich. Die Freundin, sie sei perfekt, so schön, gelassen, eine super Mutter. Und als Freundin. I TELL YOU, eine Granate! Er lobt die Gute 10 Mal in den Himmel und zurück. Und mein Ich hört dazwischen nur dein einen ungesagten Satz: Sie ist eben nicht wie du, Lucy. SIE IST SUPER! Das hat mich genervt. Und dann hat es mich genervt, dass es mich genervt hat.
Das Baby war maximal easy, hat rumgeschaut, mich angelacht und gegluckst. Ich musste es mögen. Und ich musste zugeben, dass ihm das Kleine gut steht.
Auch das hat mich genervt. Warum, kann ich nicht genau sagen. Vielleicht weil er jetzt alles hat und ich mich mit Körben von Schwulen und Bros meines Bruders rumschlagen muss.
Oder weil es einfach immer schräg ist, wenn der Ex eine Neue hat. Und hat er dann auch noch ein Baby, ist es noch viel schräger. Who knows.
Mein Tram kam dann zum Glück recht schnell, wir verabschiedeten uns mit einer freundschaftlichen Umarmung und gut wars.
Ich hatte die Begegnung schon fast vergessen, als soeben mein Telefon vibrierte. Whatsapp von Karl: «Nicht verzagen, Lucy, du wirst dein Glück schon noch finden!»
Lena. WTF. Warum macht er das? Warum macht man das überhaupt? Und machen das nicht nur Mütter, wenn überhaupt, die dann auch nerven?
Ich schnalls nicht.
Habe mir verschiedene Antworten überlegt:
- Ein Selfie von meinem Caramel-Latte mit extra viel Sahne und mir. Dazu schreibe ich: «Hab ich schon!»
- Und wenn nicht, dann sorg dafür, dass ich mit mindestens 50 Katzen begraben werde.
- Ich ghoste ihn.
Was rätst du?
Fühl dich umarmt und lass dir gesagt sein: Liebe Lena, nicht verzagen, auch du wirst dein Glück finden. Haha.
Deine Lucy