«Insgesamt sind wir weit von dem entfernt, was wir gefordert haben», sagte VPOD-Zentralsekretär Agostino Soldini der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Denn während der Konsumentenpreisindex zwischen Dezember 2020 und Oktober 2022 um 4,6 Prozent gestiegen sei, seien die Löhne bis auf wenige Ausnahmen nicht an die Teuerung gekoppelt worden.
Der Zentralsekretär bedauert, dass der Teuerungsausgleich für die Löhne im öffentlichen Dienst auf jährlicher Basis berechnet wird, obwohl die seit zwei Jahren beobachtete Inflation nie ausgeglichen worden sei. Von einer Jahresperspektive aus wäre daher eine Anpassung von plus 3 bis 3,5 Prozent erforderlich.
Knausrige Westschweiz
Dennoch liegt der angekündigte Teuerungsausgleich in den Westschweizer Kantonen weit unter diesen Werten. Freiburg hat mit 2,55 Prozent den höchsten Teuerungsausgleich angekündigt, gefolgt von Genf mit 2,44 Prozent. Obwohl noch nicht bestätigt, dürften die Sätze für den Jura und das Wallis auf 2,08 Prozent beziehungsweise 2 Prozent festgelegt werden, wie der Gewerkschaftssekretär meinte.
Neuenburg liegt bei 1,8 Prozent und die Waadt bei 1,4 Prozent, wobei im Kanton Waadt ein Zuschlag für niedrige und mittlere Einkommen gezahlt wird, so dass der Teuerungsausgleich für diese beiden Kategorien 2,2 Prozent betragen wird.
Der Kanton Zürich ist mit einem Teuerungsausgleich von 3,5 Prozent der Spitzenreiter. Dies hat gemäss Soldini weniger mit dem Kampf der Gewerkschaften zu tun als vielmehr mit der Tatsache, dass das kantonale Gesetz die Anpassung der Löhne an die Lebenshaltungskosten vorsieht. Für die Bundesangestellten wurde der Teuerungsausgleich auf 2,5 Prozent festgelegt
VPOD sieht dringenden Handlungsbedarf
Für den Gewerkschaftssekretär drängt die Zeit: «Über alle Branchen hinweg, sowohl im öffentlichen wie auch im privaten Sektor, sind die Reallöhne im Jahr 2021 – inflationsbereinigt – um 0,8 Prozent gesunken», sagte Soldini. Er stützt sich dabei auf Zahlen des Bundesamtes für Statistik.
«2022 wurden die Löhne im Durchschnitt um 1,1 Prozent angehoben, aber die Inflation wird bei etwa 3 Prozent liegen, so dass es das zweite Jahr in Folge zu einem Lohnrückgang kommen wird, aber diesmal in der Grössenordnung von 1,9 bis 2 Prozent, also doppelt so viel wie im Vorjahr», sagte Soldini weiter.
Rückblickend war die Frage des Lohnausgleichs zur Deckung der Lebenshaltungskosten laut Soldini nach und nach aus den traditionellen Forderungen herausgefallen. «Gewerkschaftlich stand dieses Thema in den letzten 20 Jahren nicht mehr so sehr auf der Tagesordnung», gibt er zu.
Jetzt hat sich der Wind gedreht. «Wir werden 2023 eine Kampagne starten, um die verlorene Kaufkraft zurückzugewinnen», kündigte der Gewerkschaftssekretär an. So fanden Anfang letzter Woche bereits in Freiburg und Neuenburg Demonstrationen statt, während für diese Woche weitere in den Kantonen Waadt und erneut Neuenburg geplant sind.
(sda/lol)