Zürich

Bachelor-Kandidatin Celina aus Winterthur erzählt von häuslicher Gewalt

«Schlüsselbein gebrochen»

Bachelor-Kandidatin Celina erlebte häusliche Gewalt

23.10.2024, 20:27 Uhr
· Online seit 23.10.2024, 18:49 Uhr
Celina ist in der neuen Staffel von «Der Bachelor». Das Bedürfnis nach einer neuen Beziehung hatte die Winterthurerin lange nicht mehr. Ihre erste Partnerschaft war geprägt von Gewalt und Erniedrigung.
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«Er schleifte mich am Arm durch die Wohnung, schrie mich an und knallte mich gegen die Wand.» Ein einschneidendes Erlebnis von vielen, das Celina in den frühen Morgenstunden vom 23. September 2018 in Rotterdam erlebt.

Während ihres Kunststudiums in den Niederlanden lernte die damals 22-Jährige ihren vier Jahre älteren Ex-Freund kennen. «Er hat mir bereits am ersten Tag den Hof gemacht.» Es war der Beginn ihrer einjährigen «Romanze».

«Hatte keinen gesunden Vergleich»

«Mein Ex-Freund ist aus Afghanistan und kam als 5-Jähriger über Russland in die Niederlande», erzählt die heute 28-Jährige. «Durch den Konsum von Marihuana hatte er mal eine Psychose und litt unter Depressionen, wie er behauptete.»

Die aggressive Art ihres Partners sei nicht von Anfang an spürbar gewesen. Danach redete sich Celina vieles schön. «Das erste Mal wurde er aggressiv, als ich erfahren habe, dass er mich mit seiner Ex-Freundin betrogen hatte», erzählt sie. «Als ich ihn darauf angesprochen hatte, packte er mich am Hals und schlug mich gegen die Wand.» Danach sei er weggerannt. «Es war meistens so, dass er flüchtete, nachdem er Gewalt angewendet hatte», sagt Celina. Später sei er mit Rosen zurückgekehrt und habe sich entschuldigt.

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Die damals 22-Jährige versuchte sich ein paar Mal von ihm zu trennen, doch mit den richtigen Worten wickelte er sie immer wieder um den Finger. Zudem rechtfertigte sie seine Handlungen mit seinem tragischen Hintergrund, den er ihr erzählt hatte. Dazu kam, dass sie nicht ernst genommen wurde, wenn sie jemandem davon erzählte und «es war meine erste Beziehung, somit hatte ich keinen Vergleich mit gesunden Beziehungsmustern». Um 4 Uhr nachts am 23. September 2018 war ein «Schubser» gegen die Wand zu viel.

Vorfall führte zur Trennung

«Ich sass auf dem Boden, hatte Schmerzen und flehte ihn an, die Ambulanz zu rufen», schildert Celina die Nacht. In ihrer Kindheit habe sie schon häusliche Gewalt erfahren, «jedoch nicht in diesem Ausmass». Sie sei mit einem gebrochenen Schlüsselbein in Rotterdam in einem Spital gelandet – in Begleitung ihres damaligen Freundes.

Die Krankenschwester habe sie untersucht und nach den Ursachen gefragt. «Ich wollte ihn schützen und habe ihr erzählt, dass es ein Unfall war», so Celina. Die Krankenschwester habe daraufhin den Freund aus dem Zimmer geschickt und sie nochmals darauf angesprochen. «Sie hat anscheinend bemerkt, dass etwas nicht stimmte.»

Die Zürcherin vertraute sich der Krankenschwester an, die ihr daraufhin sagte, was zu tun sei und Mut zusprach. Nach diesem Vorfall konnte sich Celina endlich von ihrem Freund trennen.

Stalking und Anzeige

Nach ihrer Schlüsselbein-Operation ging Celina für eine Weile zurück in die Schweiz, um sich zu erholen. «Ich wollte mein Kunststudium beenden, somit bin ich zurück in die Niederlande gereist», erzählt sie. «Ich wollte eine Klassentrennung, jedoch ging das nicht.»

Zu Beginn sei der Ex-Freund auch nicht in den Vorlesungen gewesen – bis er erfahren hatte, dass sie wieder zurück sei. «Da hat er mit Stalking angefangen. Er versuchte immer mit mir zu reden, hat sich mir in den Weg gestellt und wollte die Sache klären. Ich wusste nicht, was wir noch zu besprechen gehabt hätten. Er konnte meine Entscheidung, mich von ihm zu trennen, nicht akzeptieren.» Erst als Lehrerinnen eingriffen und ihn um Abstand aufforderten, hielt der damals 26-Jährige von Celina ab.

Nach der Schilderung auf dem Polizeiposten, mit Hilfe einer Übersetzerin, kam es zur Anzeige wegen häuslicher Gewalt – «obwohl mir damals davon abgeraten wurde, denn die Konfrontation mit dem Täter sei für viele genauso traumatisch, wie die Gewalt selbst.»

Der Fall führte zu einem jahrelangen Prozess. Das letzte Verhör fand 2022 statt. «Die erste Anhörung haben wir verloren. Schlussendlich habe ich eine Abfindung gekriegt», erzählt Celina. Lediglich 500 Franken, da ihr Ex-Freund die Summe runter gedrückt habe. «Es waren ermüdende und schwierige Jahre, somit habe ich mich damit zufrieden gegeben.»

«Definiert nicht, wer ich bin»

Der Glaube an die Liebe war für die heute 28-Jährige gestorben. Während Monaten konnte Celina nicht mehr auf Menschen zugehen und sich ihnen gegenüber öffnen. Zwischenzeitlich habe Celina auch Erfahrungen mit schönen Beziehungen gesammelt und das Vertrauen in Männern zurückgewonnen. Ihr Erlebtes hat sie mit ihrer Kunst verarbeitet.

Angst vor ihrem Ex-Freund habe sie keine, «er wohnt in den Niederlanden und hat keinerlei Kontakt von oder zu mir». Darüber zu sprechen und zu sagen «ich heisse Celina, bin 28, wohne in Winterthur und habe häusliche Gewalt erfahren», sei nicht einfach, «doch ich möchte anderen Frauen Mut machen». «Es ist ein einschneidendes Erlebnis, das bleibt. Es ist ein Teil von mir. Es definiert jedoch nicht, wer ich bin.»

veröffentlicht: 23. Oktober 2024 18:49
aktualisiert: 23. Oktober 2024 20:27
Quelle: ZüriToday

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