Zürich

Bundesgericht gibt Krankenkassen Recht: Winterthurer Notfall Permanence muss zahlen

Notfall-Pauschale

Krankenkassen fordern Millionen Franken von Permanence-Praxen

· Online seit 17.07.2024, 12:39 Uhr
Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass Permanence-Praxen Krankenkassen die Pauschale für Behandlungen ausserhalb der Bürozeiten nicht verrechnen dürfen. Santésuisse will nun Millionen von Franken zurück haben. Eine Winterthurer Permanence kämpft weiter.
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40 Franken müssen Patientinnen und Patienten in der Notfallpraxis der Permanence Winterthur bezahlen, wurden sie ausserhalb der Bürozeiten behandelt. Seit Dezember 2023 vergütet die Helsana die sogenannte Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F nicht mehr. Die Notfallpraxis der Permanence Winterthur kämpfte vor Gericht dafür, dass Krankenkassen die Pauschale weiterhin bezahlen. Nun hat die Praxis vor Bundesgericht verloren.

Laut einem Entscheid des Bundesgerichts darf die entsprechende Tarifposition nicht angewendet werden, wenn es sich um eine reguläre Sprechstunde handelt. Damit folgt das Bundesgericht dem Standpunkt der Tarifsuisse AG, einer Tochter der Santésuisse-Gruppe, teilt der Krankenkassenverband Santésuisse mit. «Die sogenannte Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale wurde für den Fall geschaffen, bei dem beispielsweise die Hausärztin ausserhalb ihrer normalen Arbeitszeit einen Patienten behandeln muss.»

Anders als beispielsweise beim Hausarzt, der beim Abendessen sitzt und plötzlich ausrücken muss, sind Konsultationen in Walk-in-Praxen laut Santésuisse auch am Abend und an den Wochenenden Teil des regulären Betriebs. Ein Geschäftsmodell mit längeren Öffnungszeiten und Behandlungen ausserhalb der üblichen Zeiten führe dazu, dass die Praxis «nicht berechtigt ist, für die während der Öffnungszeiten vorgenommenen Behandlungen die vorliegend streitige Pauschale abzurechnen».

Prämienzahlerinnen und Prämienzahler profitierten

Nun sei es an den Vorinstanzen zu berechnen, wie hoch der Betrag ausfalle, den die betroffenen Permanence-Praxen zurückerstatten müssten, schreibt Santésuisse weiter. «Die Forderungen von Tarifsuisse belaufen sich auf einen Millionenbetrag.» Dieses Geld fliesse in die Reserven der Krankenversicherer, wovon wiederum die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler profitierten.

Damit stürzt das Bundesgericht den Entscheid des Schiedsgerichts des Kantons Zürich. Dieses wies im Dezember 2023 eine Klage des Krankenkassenverbandes ab – die Praxis musste die geforderten 1,2 Millionen Franken nicht zurückzahlen.

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Die Winterthurer Permanence gibt sich noch nicht geschlagen. «Wir sind dabei, uns mit anderen Notfallpraxen zu vernetzen und werden schauen, was dieses Urteil für uns genau bedeutet», sagt Esther Wiesendanger, Co-Leiterin der Permanence Winterthur, zu ZüriToday. Bei den Notfall-Permanences handle es sich um einen Auftrag der Bevölkerung an eine Berufsgruppe. «Es ist üblich, dass diese Berufsgruppen für ihre Leistungen eine Vergütung bekommen.»

«Patient auf Spitalnotfall kostet mehr»

Hoffnung für Verhandlungsspielraum sieht Esther Wiesendanger beim Schiedsgericht des Kantons Zürich. «Der Gesamtbetrag der Rückforderungen muss nun ausgehandelt werden.» Sie frage sich jedoch, warum das Bundesgericht den Gesetzestext des Bundesrates nicht mitberücksichtigt habe.

Im Tarifeingriff von Anfang 2018 schrieb der Bundesrat, dass die Zeitfenster für die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F erweitert würden. Damit werde verhindert, dass die Akutpatientinnen und -patienten am Samstagvormittag von den Arztpraxen beziehungsweise von den dem Spital vorgelagerten und von Hausärzten geführten Notfallpraxen direkt in den Spitalnotfall geschickt würden, begründete das BAG dies. Wiesendanger: «Diese Argumentation ist sinnvoll, es ist inzwischen allgemein bekannt, dass ein Patient, der auf dem Spitalnotfall behandelt wird, das Gesundheitswesen mehr kostet als eine hausärztliche Notfallkonsultation inklusive Inkonvenienzpauschale F.»

veröffentlicht: 17. Juli 2024 12:39
aktualisiert: 17. Juli 2024 12:39
Quelle: ZüriToday

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