Weltweit erfuhr etwa jede vierte Frau bereits Gewalt in einer Partnerschaft. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach der Auswertung von Daten der Weltgesundheitsorganisation WHO. Betroffen seien demnach auch bereits sehr junge Mädchen und Frauen zwischen 15 und 19 Jahren, berichten sie im Fachmagazin "The Lancet". Das Team hatte Angaben einer WHO-Datenbank ausgewertet, die auf mehr als 300 Studien und Umfragen aus 161 Ländern und Regionen mit Daten von rund zwei Millionen Frauen zurückgehen. Auch die Schweiz ist davon betroffen. Seit Jahren nehmen die Zahlen zu. Jede zehnte Frau war in der Schweiz bereits von sexueller oder körperlicher Gewalt betroffen.
Frauen sind damit nicht alleine
In Zürich gibt es acht Beratungsstellen für Opfer von Gewalt, die sich auf die unterschiedlichsten Bedürfnisse der Opfer spezialisiert haben. Sechs haben ihren Standort in Zürich, zwei in Winterthur. Zudem gibt es 3 Frauenhäuser. «Vor allem für den Erstkontakt ist es wichtig, dass die Frauen wissen, dass die Beratungen kostenlos und anonym sind», erzählt Pia Allemann von der Beratungsstelle für Frauen gegen Gewalt in Ehe und Partnerschaft (BIF) in Zürich. Es gibt auch Online und Chatberatung, wo man sich orts- und zeitunabhängig Hilfe holen kann. «Viele Frauen denken, sie sind damit alleine und schämen sich.» Es ist wichtig, dass Frauen verstehen, sie sind damit nicht alleine, viele Frauen sind betroffen – so auch in Zürich, wie sie näher ausführt.
Die ersten kleine Schritte seien daher, die Scham zu überwinden und jemand in seinem Umfeld ins Vertrauen zu ziehen. Sie empfiehlt in ihren Beratungen den Frauen, mal ein Wochenende bei Freunden ohne Partner zu verbringen. Sich eine sichere Umgebung zu schaffen, bevor man das Gespräch beginne. «Als Vertraute oder Angehörige ist es besonders wichtig, genau zuzuhören, Schutz anbieten und vor allem keine Warum-Fragen», so Allemann. Darin stecke meistens ein Vorwurf und helfe den Frauen nicht, sich zu öffnen.
Beratungsstellen werden bekannter
Wenn betroffene Frauen im BIF Unterstützung suchen, schildern sie zuerst ihre Situation. «Sehr viele Frauen haben Angst, dass man ihnen nicht glaubt. Wir bringen Verständnis entgegen und Hinterfragen nicht in erster Linie die Gewalt», fügt Pia Allemann an. Danach werden weitere Möglichkeiten besprochen: Das kann ein Frauenhaus sein, eine Anzeige, weitere Schutzmassnahmen – einfach, was die Frauen brauchen. «Es wird nichts über den Kopf der Frauen hinweg entschieden.» Zusätzlich gäbe es noch die Möglichkeit einer rechtlichen Beratung und auch etwaige Kostenhilfe. Das können Arzt-, Anwaltskosten oder die Übernachtung in einem Frauenhaus sein.
Bei allen Beratungsstellen in Zürich nehmen die Anfragen zu. «Das heisst nicht unbedingt, dass die Gewalt zunimmt, sondern die Beratungsstellen werden bekannter und Frauen trauen sich eher, Hilfe in Anspruch zu nehmen», nimmt Allemann an. Sexuelle und körperlicher Gewalt kennt kein Alter. «Die jüngste Frau war 14 Jahre alt, aber wir haben auch Frauen, die über 80 sind», berichtet sie. Am häufigsten seien es aber Frauen in der Familienphase, also zwischen 25 und 45 Jahre alt.