Littering schadet Pflanzen, dem Boden und Gewässern. Herumliegender Abfall reduziert zudem die Lebensqualität und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Und Litterung kostet Geld, weil mehr geputzt werden muss. Um die Reinigungskosten zu reduzieren und die Lebensqualität hochzuhalten, engagieren sich Bewohnerinnen und Bewohner in Volketswil neuerdings als Gotte oder Götti für die Umwelt. Mit einer sogenannten Raumpatenschaft stellen sie sicher, dass ein bestimmtes Gemeindegebiet sauber bleibt.
Deutlich mehr Teilnehmende als erwartet
Wie es bei der Gemeinde auf Anfrage heisst, ist das Projekt von der Volketswiler Bevölkerung gut aufgenommen worden. «Wir sind positiv überrascht, dass sich in der Gemeinde viele Menschen aktiv gegen Littering einsetzen wollen», schreibt Franziska Imhoff, Kommunikationsbeauftragte der Gemeinde Volketswil auf Anfrage. Mittlerweile sind 13 Raumpaten-Teams in Volketswil unterwegs. «Gerechnet haben wir vorsichtig mit drei bis vier Interessenten», bilanziert Imhoff zwei Monate nach Lancierung des Projekts.
Die Gottis und Göttis halten ein bestimmtes Gebiet frei von Littering. Das Areal dürfen sie sich selbst aussuchen. «Die Grösse der Gebiete variiert», erklärt Imhoff. «Häufig ist es eine bestimmte Strasse, die ausgewählt wird.» Auch wie oft die Güsel-Göttis Abfall-Sammeln gehen, bestimmen sie selbst. Einmal pro Woche ist das Minimum. Ist man angemeldet, muss man mindestens sechs Monate dabei bleiben. Die Gemeinde stellt Gebührensäcke, Greifzangen sowie Sicherheitswesten und Handschuhe bereit.
«Situation noch nicht merklich verbessert»
Eine grosse Wirkung hat man in Volketswil bisher noch nicht feststellen können. Die Situation hat sich laut Imhoff «noch nicht merklich» verbessert. Für eine Zwischenbilanz sei es allerdings noch etwas zu früh. Wo die Gemeinde weniger Abfall wahrnimmt, ist an den Bushaltestellen. Das führe jedoch hauptsächlich auf die im letzten Jahr installierten Recyclingstationen zurück.
Mit den Güsel-Gottis ist Volketswil bei Weitem nicht allein. In diversen Schweizer Ortschaften gibt es schon seit geraumer Zeit Raumpatenschaften. Aus dem Kanton Zürich sind insgesamt zwölf Gemeinden bei der Interessensgemeinschaft saubere Umwelt (IGSU) für Raumpatenschaften angemeldet. Mit 19 Abfall-Gottis führt Uster die Liste der meisten Patenschaften an, dicht gefolgt von Dübendorf mit 18 Paten.
In Zürich werden Raumpatenschaften seit Kurzem gefördert
Auch in der Stadt Zürich sorgen Freiwillige für saubere Gebiete. Derzeit sind acht Raumpatenschaften vergeben. Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ) stellt hier analog zur Gemeinde Volketswil das benötigte Material zur Verfügung. Mediensprecher Christoph Mahlstein erklärt das Vorgehen: «Interessierte Personen oder Personengruppen können sich seit Mitte 2023 auf der ERZ-Website melden, wenn sie sich als Raumpat*in engagieren möchten. ERZ kontaktiert diese Personen respektive Personengruppen anschliessend und führt ein Erstgespräch mit ihnen durch.» Das Gebiet wird dann definiert und eine Begehung mit einer Fachperson der Stadtreinigung festgelegt.
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ERZ fördert dieses Engagement erst seit Kurzem und verfügt noch über keine Zahlen, wie viele Patenschaften jährlich dazukommen. Mahlstein weist aber darauf hin, dass das Ziel von ERZ nicht sei, möglichst viele Raumpatenschaften abzuschliessen. «Es ist uns wichtig, dass die Raumpat*innen persönlich betreut werden können und sie bei Fragen respektive Unklarheiten jederzeit eine Ansprechperson bei ERZ finden.»
Eine Win-win-Situation
Initiiert wurde das Projekt von der IG saubere Umwelt. Die Interessengemeinschaft beschreibt das Projekt als «wirkungsvolle, langfristige Anti-Littering-Massnahme». Projektmitarbeiterin Ina Schelling erläutert, dass die Wirkung der Raumpatenschaften der IGSU durch die Gemeinden immer wieder bestätigt wird, «da Plätze, an denen es sauberer ist, nicht zum zusätzlichen Littern anregen.» Eine statistische Erhebung über alle Gemeinden sei bisher nicht gemacht worden.
Schelling spricht ausserdem von einer «Win-win-Situation». Denn die Gemeinden müssen weniger Aufwand für die Reinigung betreiben, engagieren sich für die Gesellschaft und werten das Gemeindebild auf. Die Güsel-Gottis und -Göttis andererseits können soziale Kontakte knüpfen und einen aktiven Beitrag für Umwelt und Gesellschaft leisten. Und ausserdem: «Die Gesamtbevölkerung kann einen schöneren, saubereren öffentlichen Raum geniessen», so Schelling.
Eine Studie der IGSU gemeinsam mit der ETH Zürich erforschte zwischen 2014 und 2016, ob Raumpatenschaften ein wirksames Mittel gegen Littering im öffentlichen Raum darstellen. Das Ergebnis: Ja, Raumpaten erhöhen die Sauberkeit im öffentlichen Raum.
In der ganzen Schweiz gibts aktuell 660 Raumpaten. Zu den ersten Projekten im Kanton Zürich gehörten Affoltern am Albis, Adliswil, Illnau-Effretikon und Wald ZH.