Zürich
Kanton Zürich

Wann wird ein Dorf zu einer Stadt?

Definitionssache

Wann wird ein Dorf zu einer Stadt?

· Online seit 07.07.2022, 06:03 Uhr
Seit letztem Freitag gibt es im Kanton Zürich eine neue Stadt: Wallisellen. Der Wandel von der Gemeinde im Zürcher Unterland zur Stadt wurde ordentlich gefeiert. Doch wie wird ein Dorf zur City? Spoiler-Warnung: Es gibt keine simple allgemeingültige Regel.
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Der 1. Juli 2022 wird in Wallisellen ein wichtiges Datum bleiben. Denn seit dem letzten Freitag, gilt Wallisellen offiziell als Stadt. Mit einem dreitägigen Fest hat die neue City im Kanton ihren Wandel gefeiert. Aber Halt – ist Wallisellen nicht schon längst eine Stadt? Statistisch gesehen schon aber wann eine Stadt eine Stadt ist, lässt sich je nach Kontext unterschiedlich beantworten.

Statistische Sicht

Auf die Frage, wann eine Stadt eine Stadt ist, würden wohl Viele antworten: Ab 10'000 Einwohnern. Was früher einmal statistisch eine korrekte Erklärung war, gilt heute nicht mehr. Das Bundesamt für Statistik (BFS) definiert Städte heute anders:

Dann wären da noch die historischen Städte. Beim Schweizerischen Städteverband heisst es: «In einer historischen Perspektive können sich jene Orte als Stadt bezeichnen, welche über ein historisches Stadt- oder Marktrecht verfügen.» Im Kanton Zürich sind zum Beispiel Eglisau, Greifensee und Elgg historische Städte mit einer jeweiligen Einwohnerzahl um die 5000.

Politische Sicht

Aus politischer Sicht war lange die Einführung eines Parlaments ausschlaggebend, damit eine Gemeinde offiziell in eine Stadt verwandelt wurde. In Kloten beispielsweise war dies in den 1970er-Jahren der Fall. Damals zählte die Stadt am Flughafen schon über 16’000 Einwohner. Der Gemeinderat wurde so zum Stadrat, die Gemeindepolizei zur Stadtpolizei.

Diese Bedingung ist offensichtlich weggefallen. Denn Wallisellen ist auch ohne Parlament zu einer Stadt geworden. Nach Affoltern am Albis ist Wallisellen erst die zweite City im Kanton Zürich, die eine Stadt ohne Parlament ist. Warum das neuerdings geht bzw. warum früher ein Parlament notwendig war, kann auch der Schweizerische Städteverband nicht erklären.

Individuelle Sicht

Halten wir mal fest: Die einzigen formalen Kriterien für eine Stadt sind die statistischen Mindestzahlen. Ausnahmen bilden historische Städte. Viele Orte wollen aber ein Dorf bleiben und nicht Stadt genannt werden. Warum? «Das hat vielmehr mit einem Selbstverständnis zu tun», erklärt Martin Flügel vom Schweizerischen Städteverband. «Mit Stadt geht etwas einher, dass viele nicht wollen. Menschen denken an eine Bahnhofstrasse – an Hektik, Asphalt und wenig Grün.»

Es sei der Begriff und das Bild der Stadt, weshalb Personen nicht mit einer City assoziiert werden wollen. Flügel nennt ein Beispiel, wie stark der Name vom Sinnbild der Bewohner abhängt: «Kriens und Horw sind Nachbarsorte. Kriens bezeichnet sich als Stadt und Horw als Dorf. Beide sind sich aber statistische Städte mit einem urbanen Kern.»

Warum will man dann überhaupt eine Stadt sein? Flügel erklärt: «Es können sich Fragen zur Raum- und Verkehrsplanung stellen oder auch in sozialer Hinsicht.» Oder Orte würden zeigen wollen, das eben nicht das Graue und Unfreundliche eine Stadt ausmache. «In Zürich ist auch der See Teil der Stadt. Auch Aussenquartiere gehören zur Stadt.» Fazit: Eine Anleitung gibt es nicht. Der Entscheid eine Stadt zu werden, hängt vom Verständnis der jeweiligen Ortschaften ab.

veröffentlicht: 7. Juli 2022 06:03
aktualisiert: 7. Juli 2022 06:03
Quelle: ZüriToday

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