Zürich

Sean Eng gibt sein einmaliges Dragqueen-Comeback an der Street Parade

Comeback an der Street Parade

«Seit zehn Jahren habe ich nicht mehr so extrem getanzt»

07.08.2023, 14:39 Uhr
· Online seit 23.07.2023, 19:20 Uhr
Nach langer Street-Parade-Abstinenz kehrt Sean Eng zurück auf die grosse Showbühne: Ein letztes Mal wird er auf einem Love Mobile tanzen. Genau dort, wo für den Coiffeur aus Zürich alles anfing. Der 52-Jährige steckt gerade mitten in den Vorbereitungen.

Quelle: Leserreporter / TeleZüri / CH Media Video Unit / Linus Bauer

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«Am 20-Jahr-Jubiläum wurde ich 40 und hatte bis anhin alle Street Parades als Tänzer mitgemacht. Damit war für mich Schluss.» Das war 2011. Sean Eng blickt auf eine wilde und anstrengende Zeit zurück, wie er im Gespräch mit ZüriToday erzählt.

«Es war nicht nur Spass und ‹happy time›. Wir haben stundenlang und pausenlos getanzt auf den Love Mobiles, meist in grösster Hitze. Nach der Parade gings an den After-Partys tanzend weiter», erinnert sich der 52-Jährige. Sean, der anfangs noch mit wilder 80-Zentimeter-Irokesenfrisur in Gothic-Kreisen verkehrte, ist irgendwann auf den Geschmack von Raves gekommen – den reinen Techno-Partys.

Gefragt als schrille Figuren

«Das galt schon beinahe als Verrat, aber meinen Kumpel Alain und mich kümmerte das wenig», so Sean. Immer öfters wurden die beiden von Partyorganisatoren für Auftritte als schrille Figuren engagiert. Jahre später waren es die Dragqueens, die nebst den Animations-Tänzern in den Clubs als Hingucker gebucht wurden.

Als typische Dragqueen sieht sich der gebürtige Philippiner jedoch nicht. «Ich verkleide mich nicht als Frau, ziehe auch keinen BH mit falschen Brüsten an oder lange Kleider. Schrill und auffällig war ich jedoch immer, und wohl als irgendwas aus einer anderen Welt zu bezeichnen – ein Fantasiewesen.»

«Von Drogen liess ich die Finger»

Zum Tanzen war Sean gekommen, weil er von der Zürcher Tanztruppe Magic Dancers als Dragqueen angefragt wurde. «Das muss Anfang der Neunzigerjahre gewesen sein. Erst traten wir gemeinsam an den White-Wolf-Partys auf, später dann an der Street Parade», erinnert sich Sean, der seit der Lehre beim selben Coiffeur in Weinfelden arbeitet.

Die Street Parade war zu Beginn noch eine Demo für Techno- und Housepartys. «Es hatte damals wenig Leute, man hatte wesentlich mehr Platz auf den Wagen als heute», sagt Sean. Das Motto lautete damals: Love, Peace, Freedom and Tolerance, und es ging nicht um Alkohol und Drogen, wie viele immer dachten. «Davon habe ich meine Finger gelassen», so Sean.

«Die Street Parade ist zur Fasnacht im Sommer geworden»

«Heute ist alles kommerziell und für viele Menschen ist die Street Parade zur Fasnacht im Sommer geworden. Sie basteln sich ausgefallene Kostüme, verkleiden sich als Baum oder Blume – mit Rave hat das alles nichts mehr zu tun. Für diese Leute ist das Ganze ein einmaliges Spektakel, für uns gab es das jedes Weekend. Wir lebten diese Bewegung, sie war unser Alltag.»

Ohne Vitamin B und ein grosses Netzwerk komme man heute kaum noch auf einen Wagen. Die Tickets sind heiss begehrt. «Oder man zahlt um die 240 Franken pro Ticket, wenn es denn noch welche hat.» Vermisst man die wilden Tänzer-Zeiten nicht in der plötzlichen Normalität? «Nein. Für mein Umfeld bin ich immer irgendwie anders und schrill, aber sie kennen mich gut – auch meine seriöse Seite», sagt Sean und lacht.

Einmaliges Comeback zum 30-Jahr-Jubiläum

«Ich hörte mit 40 auf und habe seither nicht mehr getanzt. Ich bekam zwar immer wieder Anfragen, aber ich habe abgelehnt. Dieses Jahr jedoch wage ich ein einmaliges Comeback.» Gerade laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren: Outfits werden kreiert, Choreografien einstudiert. Und: «Eigentlich müsste ich viel trainieren. Ich habe grossen Respekt und frage mich, ob ich das überhaupt noch durchhalte», sagt Sean.

Zusammen mit den Magic Dancers will er zum 30-Jahr-Jubiläum der Street Parade ein letztes Mal alles geben – der alten Zeiten wegen. Und einfach Spass haben. «Ich hatte immer Glück und nie einen Unfall, trotz der Riesen-Menschenmenge, der engen Tanzflächen und meiner unmöglich hohen Plateauschuhe.»

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veröffentlicht: 23. Juli 2023 19:20
aktualisiert: 7. August 2023 14:39
Quelle: ZüriToday

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