Statt in Kartonbechern wird der Glühwein am Weihnachtsmarkt beim Bellevue ausschliesslich in Tassen ausgeschenkt. Und auch an den Food-Ständen gibt es anstelle von Plastikbesteck und Wegwerftellern nur Mehrweggeschirr. Die Kundschaft muss dafür ein Depot hinterlegen: einen Franken für Besteck, vier für einen Teller und fünf für eine Tasse. Zurückgeben kann man das Material an grossen Bars und zehn Depothäuschen auf dem Sechseläutenplatz.
Zu Stosszeiten kann es vorkommen, dass sich lange Schlangen vor diesen Rückgabestellen bilden. «Um einen Glühwein zu holen, wartet man fünf Minuten, aber um die Tasse zurückzugeben, wartet man zehn Minuten», nervt sich ein Nutzer auf Reddit. «Die Umsetzung des Depot-Systems ist schlecht», heisst es in einem weiteren Kommentar. Und auch in den Google-Rezensionen äussern diverse Besucherinnen und Besucher ihren Unmut über das neue Depot-System.
Umstellung auf Mehrweg fordert die Veranstaltenden
«Manchmal gibt es Wartezeiten, das ist natürlich bedauerlich», sagt Katja Weber, Mitorganisatorin des Weihnachtsdorfs am Bellevue, gegenüber ZüriToday. «Wir versuchen, alles so gut wie möglich zu optimieren, aber uns sind dabei auch Limiten gesetzt. Wir appellieren deshalb an die Geduld der Besuchenden», sagt Weber.
Beim Mehrweg-System handelt es sich um ein Pilotprojekt der Stadt Zürich. Dieses ist für die Verantwortlichen des Weihnachtsdorfs eine «sehr aufwendige Herausforderung». Es erfordert viel Logistik, nicht nur für die Rückgabe, sondern etwa auch für das Abwaschen und Verteilen des Geschirrs. «Wir haben hier mehr als 60'000 Tassen, Teller, Bowls und Besteck», erklärt Weber. Rund dreissig zusätzliche Mitarbeitende sind durch die Umstellung auf Mehrweg erforderlich. Die Kosten für das Mehrweg-Projekt muss das Weihnachtsdorf alleine tragen.
Trotz aller Herausforderungen ist das Pilotprojekt für Weber sehr spannend. «Wir sind sicher nicht der falsche Partner, um so ein Pilotprojekt zu testen», erzählt Weber. Als Eventveranstalterin müsse man zukunftsorientiert denken, nicht nur betreffend Geschirr, sondern beispielsweise auch beim Stromverbrauch oder der Herkunft des Essens."
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«Viele Gäste begrüssen die nachhaltige Richtung»
Und neben den Besuchenden, die sich über die Schlangen vor den Depotstellen ärgern, gibt es laut Weber auch haufenweise Leute, denen das neue System gefällt. «Viele Gästen begrüssen es, dass man als Veranstalter in eine nachhaltigere Richtung geht.» In den vergangenen Jahren kam bereits der Trend auf, dass viele Kundinnen und Kunden ihren eigenen Trinkbecher an den Glühweinstand mitbringen. Und die Tassen vor Ort kommen manchmal derart gut an, dass die Leute sie gleich mit nach Hause nehmen.
Dass Mehrweggeschirr nicht zurückgebracht wird, ist für Weber kein Problem. «Wenn jemand eine Tasse behält, privat noch nutzt und sich an den Markt erinnert, freut uns das.» Verlust macht das Weihnachtsdorf keinen, wenn das Depot nicht zurückgeholt wird. «Aber natürlich ist es nicht die Idee, dass man Teller und Besteck mit nach Hause nimmt», sagt Weber.
Damit das Mehrweg-System nach Wunsch funktioniert, müssen also auch die Besuchenden ihren Beitrag leisten. «Wir müssen die Leute darauf sensibilisieren. Aber natürlich soll der Besuch am Weihnachtsmarkt ein schönes Erlebnis sein», betont Weber.