10'400 mal flitzte die Sanität im Jahr 2023 nachts mit Blaulicht und Sirene durch den Kanton Zürich. Allein in der Stadt Zürich war dies 3500 mal der Fall.
Tiefer liegt die Zahl der sogenannten Sondersignale bei der Feuerwehr. 2023 war diese im Kanton nachts 2800 mal mit Blaulicht und Sirene unterwegs, in der Stadt 1200 mal. Die Zahlen hat Schutz & Rettung Zürich auf Anfrage von ZüriToday zusammengestellt.
Blaulicht und Wechselklanghorn ermöglichen der Sanität und der Feuerwehr freie Fahrt. Demnach dürfen sie Verkehrsregeln ohne rechtliche Konsequenzen übertreten, um schnell bei der Person in Not zu sein.
Ruhe zwischen 22 Uhr und 6 Uhr
Diese Signale will ein Vorstoss mit dem Titel «Sirenen in der Nacht schaden der Gesundheit der Bevölkerung» stoppen. Der Genfer Ständerat des Mouvement Citoyens Genevois Mauro Poggia beauftragt den Bundesrat in einer Motion, Artikel 16 der Verkehrsregelnverordnung so anzupassen, dass Wechselklanghorn und Blaulicht zwischen 22 Uhr und 6 Uhr nicht mehr eingesetzt werden. Die Pflicht, das Wechselklanghorn und das Blaulicht gemeinsam zu verwenden, solle aufgehoben werden.
«Bei dringlichen Fahrten mitten in der Nacht, wenn die grosse Mehrheit der Bevölkerung schläft und es nur wenig Strassenverkehr hat, werden oft Tausende Einwohnerinnen und Einwohner, insbesondere in städtischen Gebieten oder in der Nähe von Spitälern, aus ihrem erholsamen Schlaf gerissen», argumentiert Poggia. Dies habe Auswirkungen auf ihre Gesundheit.
Am Mittwoch debattiert der Ständerat über den Vorstoss.
Leisere Sirene sei unmöglich
Schutz & Rettung macht auf Anfrage darauf aufmerksam, dass die Mitarbeitenden am Steuer bei einem Unfall rechtlich nicht mehr vollumfänglich geschützt sind, sollten sie auf den Einsatz des Wechselklanghorns bei nächtlichen dringlichen Dienstfahrten verzichten müssten. «Aber natürlich geht es auch um den Schutz der weiteren Verkehrsteilnehmenden, damit diese die Rettungsfahrzeuge frühzeitig visuell und akustisch erkennen können», sagt Mediensprecherin Julia Graf.
Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.
Schutz & Rettung sei sich bewusst, dass das Wechselklanghorn gerade in der Nacht störend sein könne, sagt Graf. «In der Nacht sind allerdings in der Regel deutlich weniger Rettungsfahrzeuge unterwegs als am Tag.» Aufgrund der Vorschriften sei es jedoch nicht möglich, beispielsweise einen leiseren «Nachtmodus» für das Wechselklanghorn zu verwenden.
Bundesrat sieht Widerspruch
Trotzdem trifft Schutz & Rettung gewisse Massnahmen, um die Menschen nicht aus dem Schlaf zu reissen. Auf den regelmässig benützten Ausfahrtsachsen der Rettungsfahrzeuge werden die Lichtsignalanlagen laut Julia Graf so gesteuert, dass sie bei einem dringlichen Einsatz den Rettungsfahrzeugen automatisch freie Fahrt gewähren. Blaulicht und Wechselklanghorn könnten damit in bestimmten Fällen erst später eingeschaltet werden, wenn die nächste Hauptverkehrsachse erreicht sei.
Der Bundesrat lehnt in seiner Stellungnahme ein nächtliches Sirenen-Verbot ab. Eine nationale Vorschrift stünde im Widerspruch zum internationalen Recht. «Weil diese Besonderheit ausländischen Fahrzeugführenden in der Schweiz kaum bekannt wäre, würde die Verkehrssicherheit auch dadurch beeinträchtigt.»