Zürich

SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser kritisiert Parlament ohne Pausen

Nonstop am Arbeiten

SP-Nationalrätin kritisiert pausenfeindliches Parlament

· Online seit 13.09.2024, 08:20 Uhr
Regelmässige Pausen gehören für SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser zu einem gesunden Alltag. An der Session in Bern vermisst sie dieses Verhalten bei Kolleginnen und Kollegen. Nationalräte der SVP reagieren beinahe bestürzt.
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Drei Wochen lang bestimmen Debatten und Abstimmungen den Alltag der Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Teilweise von frühmorgens bis spätabends sitzen sie an der Herbstsession im Ratssaal. «Eine der grössten Herausforderungen im Nationalrat: Pause machen», meldete die Zürcher SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser in einer Instagram-Story. Dahinter steckt mehr als ein spontaner Kommentar einer gestressten Nationalrätin.

«Leute, die sich für etwas engagieren und ihre Arbeit lieben, haben die Tendenz, die eigenen Bedürfnisse hinten anzustellen», sagt Rosenwasser auf Anfrage. Dies sei nicht nachhaltig. «So brennt man aus.» Die 2023 neu gewählte Nationalrätin, Schriftstellerin und LGBTQ-Aktivistin stellt fest, dass vor allem Frauen zu viel geben und am Ende darunter leiden.

Aber auch der Betrieb an der Session verführt laut Rosenwasser dazu. «Würde ich nicht bewusst Pausen einlegen, wäre ich von sieben Uhr morgens bis spätabends beschäftigt, ohne mal eine Viertelstunde durchzuatmen.» Denn auch vor und nach den Debatten fänden zahlreiche Veranstaltungen, Apéros und Essen statt, bei der die politische Arbeit im Vordergrund stehe.

Durcharbeiten räche sich

Inzwischen schaufelt sich die 34-Jährige Zeit für Pausen frei. Dabei höre sie auf die Signale ihres Körpers. «Spüre ich Appetit, gähne ich vermehrt oder habe ich einen hohen Puls, ist es Zeit für eine Pause.» Auch versuche sie, die Mittagspause alleine zu verbringen oder sie lade Freundinnen ein, die mit Politik nichts zu tun hätten. Arbeite sie durch, räche sich dies. «Dann leide ich unter Appetit- und Schlaflosigkeit.»

Einmal pro Tag entspannt sich die Zürcherin im Ruheraum, der sich im Bundeshaus befindet. «Dieser ist meist fast leer», stellt sie fest. Dies überrasche sie aber auch nicht. «Pausen zu machen, ist vor allem auch herausfordernd, wenn das Umfeld nicht pausenfreundlich ist.»

Ausnahme wegen Schwangerschaft

Ihre Basler Fraktionskollegin Sarah Wyss bestätigt den Eindruck. «Es ist schon so, dass man die Pausen während der Session nutzt, um sich mit den Kolleginnen und Kollegen der Fraktion auszutauschen oder Interessensvertretende zu treffen», sagt die 36-Jährige. Trotz Kaffee könne von einer klassischen Kaffeepause daher nicht die Rede sein, sagt sie lachend. Womöglich sei es gesünder, echte Pausen einzulegen. «Ich bin seit 20 Jahren in der Politik und kenne es aber nicht anders», sagt Wyss.

Diese Session ist für die hochschwangere Politikerin jedoch eine Ausnahme: Den Ruheraum im Bundeshaus bezeichnete sie in einer Instagram-Story als ihren «neuen Lieblingsraum über Mittag».

«Die Session ist meine Pause»

Nationalräte der SVP reagieren beinahe bestürzt auf die Kritik der fehlenden Pausenkultur. «Die Session ist meine Pause von der Arbeit», sagt der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz. Debatten, Sitzungen und Besprechungen seien keine Arbeit für ihn. «Arbeit ist das, was ich vor den Sessionssitzungen frühmorgens und spätabends erledige», sagt der 51-jährige Unternehmer. Dennoch ist er kein Feind von Pausen. «Es ist wichtig, dass man sich bei der Arbeit Zeit für einen Kaffee nimmt und dabei mit den Angestellten auch mal über anderes als die Arbeit redet.»

Gleicher Meinung ist der Solothurner SVP-Nationalrat Christian Imark. «Ich leite mehrere Firmen – das ist weniger Pause als die Session», sagt der 42-Jährige. An der Session gebe es intensive und weniger intensive Tage. «Dabei sollte man nicht vergessen, dass es keinen Anspruch gibt, über alles federführend Auskunft geben zu können.»

Andere SVP-Nationalräte verlangten sogar kürzere Mittagspausen. Geht es nach dem St.Galler Nationalrat Mike Egger, soll ein Sitzungstag zugunsten einer auf zwei Wochen verkürzte Session schon um sieben Uhr morgens beginnen und bis sieben Uhr abends dauern. Dabei könne man die rund zweistündige Mittagspause auf eine Stunde beschränken, argumentierte er. Der Nationalrat lehnte den Vorstoss jedoch mit grosser Mehrheit ab.

veröffentlicht: 13. September 2024 08:20
aktualisiert: 13. September 2024 08:20
Quelle: ZüriToday

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