«Der Bund hat das Fuder definitiv überladen», sagte SP-Stadtrat André Odermatt vor den Medien. «Die Auswirkungen sind gravierend. Bei vielen Bauprojekten sind wir blockiert.»
Sorgen bereitet Odermatt die Direktanwendung des ISOS, des «Bundesinventars der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung», das in der heutigen Form seit 2016 in Kraft ist. Dieses Regelwerk gilt in Zürich jedoch nicht nur für die Altstadt oder die Kernzone, sondern für 75 Prozent der Fläche.
Die ISOS-Direktanwendung werde zudem dauernd ausgeweitet, kritisierte Odermatt. Immer häufiger sei ISOS «das Einfallstor für Rekurse». Das habe in Zürich Auswirkungen auf die Wohnungsknappheit, weil dadurch auch Genossenschaftsprojekte blockiert seien.
Wohnungsbau steht still
So steht etwa in Schwamendingen die Planung für 1200 Wohnungen still, weil eine dazugehörende Brücke über einen eingedolten Bach führen würde. Dies könnte gemäss ISOS das Grundwasser beeinträchtigen. «Darauf muss man erst mal kommen», sagte dazu Stadtrat Filippo Leutenegger (FDP).
Ein anderes Beispiel ist die Siedlung Brunau-Park, die eigentlich gar nicht geschütztes ISOS-Gebiet ist. «Aber das Nachbargebiet ist ISOS-Zone. Deshalb gelten die Vorschriften neuerdings auch für dieses Areal», sagte Leutenegger weiter. Die ISOS-Direktanwendungen würden in der Praxis laufend ausgeweitet. In der Stadt Zürich seien bereits 1200 Kleingebiete geschützt und «damit potenziell blockiert», so Leutenegger.
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Stadtrat fordert sofortige Überarbeitung
Der Stadtrat fordert deshalb vom Bund, dass er die ISOS-Richtlinien «umgehend überarbeitet». Dazu wären Anpassungen auf Verordnungs- und Gesetzesebene notwendig. In der Zwischenzeit brauche es Übergangsregelungen, die den «unhaltbaren Zustand» beheben.
Ab sofort schickt die Stadt zudem alle möglicherweise betroffenen Baugesuche dem Kanton Zürich zur Vorprüfung. So will sie verhindern, dass ihr nachher formelle Fehler vorgeworfen werden. Klar ist, dass sich dieser Zwischenschritt auf die Bearbeitungsdauer auswirkt.
«Sturm im Wasserglas»
Der Schweizer Heimatschutz findet den Alarmismus des Zürcher Stadtrates übertrieben. «Das ist ein Sturm im Wasserglas», sagte Präsident Martin Killias am Rande der Medienkonferenz. Nur für etwa drei Prozent der Gebäude würden die besonders strengen Vorschriften der «ISOS A»-Klasse gelten.
Zudem könnten die Regeln ja bereits bei Beginn der Planung berücksichtigt werden. Die Stadt widerspricht den Aussagen des Heimatschutzes. Der Anteil an Flächen mit sehr strengen Erhaltungszielen sei in Zürich mit 16 Prozent viel grösser.
(sda/hap)