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Stadt Winterthur: Die Wärmering-Affäre rund um Matthias Gfeller kommt nach sechs Jahren vors Bezirksgericht

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Die Wärmering-Affäre kommt nach sechs Jahren vor Gericht

· Online seit 04.04.2022, 07:39 Uhr
Am Winterthurer Bezirksgericht startet am Montag der Wärmering-Prozess. Die Affäre hatte 2016 den damaligen Grünen Stadtrat Matthias Gfeller sein Amt gekostet – angeklagt sind nun aber zwei andere.

Quelle: TeleZüri / Sendung vom 27. September 2016

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Der frühere Direktor von Stadtwerk Winterthur, Markus Sägesser, ist wegen Urkundenfälschung im Amt und ungetreuer Amtsführung angeklagt, der frühere Finanzchef des Unternehmens wegen Urkundenfälschung im Amt. Die Staatsanwaltschaft beantragt für beide Beschuldigten bedingte Geldstrafen. Für Sägesser eine von 180 Tagessätzen zu 120 Franken, für den Finanzchef eine solche von 120 Tagessätzen zu 200 Franken, beide mit einer Probezeit von zwei Jahren.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, das Energieunternehmen Wärme Frauenfeld AG mit kreativer Buchführung finanziell besser dargestellt zu haben, als dies in Wahrheit der Fall gewesen sei. Stadtwerk war mit 200'000 Franken am Thurgauer Wärmeprojekt beteiligt, ein Konkurs sollte deshalb unbedingt abgewendet werden. Die sogenannte Wärmering-Affäre war im April 2016 vom «Landboten» publik gemacht worden.

Stadtwerk sponserte jungen Mountainbiker

Die ehemaligen Kaderleute sollen eine Forderung an die Wärme Frauenfeld über 2,4 Millionen Franken für Wärmepumpen deshalb nicht der Kostenstelle «Energie-Contracting» verbucht haben, sondern bei der «Direktion Stadtwerk». Der Fehlbetrag wurde also nicht dem Thurgauer Projekt belastet, sondern auf viele Stadtwerk-Bereiche verteilt und somit versteckt. Dies verletzte gemäss Anklage aber die Rechnungslegungsnormen und war somit illegal.

Zudem habe der damalige Stadtwerk-Chef Sägesser die Sponsoring-Regeln von Stadtwerk verletzt. Er hatte eingewilligt, dass Stadtwerk einen 12-jährigen Mountainbiker mit 6000 Franken unterstützte. Als Gegenleistung gab der Jugendliche interessierten Stadtwerk-Mitarbeitenden einen Fahrtechnik-Kurs.

Angeklagter weist Anschuldigungen von sich

Der Jugendliche war zufälligerweise der Sohn des damaligen Leiters des Energie-Contractings. Stadtwerk unterstützt gemäss Sponsoring-Richtlinien aber keine Einzelpersonen. Sägesser hat sich gemäss Anklage «für einen Mitarbeiter und dessen Familie willkürlich über die Regeln hinweggesetzt».

Sägesser bezeichnete sich in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» als «Bauernopfer». Er und der damalige Finanzchef hätten die spezielle Verbuchung keineswegs alleine im stillen Kämmerlein vogenommen. Die Jahresrechnung sei wie üblich mit dem Departementsvorsteher und der Finanzkontrolle besprochen worden.

Stadt Winterthur verlor 1,4 Millionen Franken

Auch gegen den damaligen Departementsvorsteher, den Grünen Stadtrat Matthias Gfeller, leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren ein. Gfeller gab 2016 schliesslich seinen Rücktritt bekannt, wurde durch eine Untersuchung aber offiziell entlastet. Die Staatsanwaltschaft stellte ihr Verfahren gegen Gfeller daraufhin ein.

Die Wärme Frauenfeld AG beschäftigt zwar noch die Justiz, ist als Unternehmen aber seit 2018 Geschichte. Es wurde aufgelöst und in die Werkbetriebe Frauenfeld integriert. Die Stadt Winterthur zog sich aus dem Betrieb zurück und verlor dabei 1,4 Millionen Franken. Zudem musste die Stadt ihren Aktienkapitalanteil von 200'000 Franken abschreiben. Damit sich ein Debakel wie die Wärmering-Affäre nicht wiederholt, erliess der Stadtrat inzwischen neue Richtlinien zu Beteiligungen.

Für beide Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung.

(sda/mhe)

veröffentlicht: 4. April 2022 07:39
aktualisiert: 4. April 2022 07:39
Quelle: ZüriToday

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