Zürich
Kanton Zürich

Hygiene in Barbershops: Wie Barbiere und Coiffeure ihre Kunden schützen

Infektionen auf Kopfhaut

«Jetzt entsteht ein gewisses Bewusstsein über die Hygiene in Barbershops»

· Online seit 31.08.2024, 07:41 Uhr
Schlechte Hygiene in Barbershops soll die Verbreitung eines Hautpilzes vorantreiben. Ein renommierter Zürcher Barbier erklärt, wie Barbershops ihre Kundschaft und sich selbst vor Infektionen schützen und weshalb die aktuelle Problematik auch positive Effekte hat.
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Herr Belaid, wann sind Sie auf das Problem aufmerksam geworden, dass kontaminierte Geräte und Werkzeuge in Barbershops dafür verantwortlich sind, dass die Kundschaft vermehrt vom Hautpilz Trichophyton betroffen ist?
Eddine Belaid: Vor 30 Jahren habe ich das im ersten Lehrjahr innerhalb der ersten drei Monate gelernt. Da kriegt man mit, was es für verschiedene Hautkrankheiten gibt und unter anderem sind da auch Pilze ein Thema. In Deutschland ist die Problematik vor zwei bis drei Jahren aufgetaucht. In Basel gab es auch mal eine kleine Epidemie. Das heisst, dass die Thematik seit drei Jahren in den Medien ist. Aber uns Coiffeuren ist das seit dem ersten Lehrjahr bekannt.

Wie haben Sie auf die aktuell höhere Medienaufmerksamkeit reagiert? Ist die Situation besorgniserregend?
Für uns ist es gar kein Thema, weil wir extrem hohe Standards in den Salons haben. Ich komme aus der Coiffeurbranche und dadurch bin ich natürlich von vornherein geschult gewesen. Durch meine Ausbildung in England habe ich vor 20 Jahren schon gelernt, wie wichtig es ist, die Geräte und Plätze zu desinfizieren. Das ist natürlich im Barbering noch mal was anderes, weil man mit offenen Klingen und Messern arbeitet. Das heisst, ich musste mir gar keine Gedanken machen, als die Problematik mit dem Hautpilz aufkam, weil wir in unseren Shops überhaupt nicht betroffen sind.

Für Sie persönlich ist die Verbreitung von Hautpilzen aufgrund mangelnder Hygiene also kein Thema. Wächst das Problem in der Barber-Branche allgemein?
Ja, das kann zur Epidemie auswachsen. Natürlich macht uns das auch etwas Sorgen. Wir checken die allgemeine Lage fast täglich, sind aber mit unseren Hygienevorschriften sehr genau. Es ist eher in jenen Barbershops ein Thema, in denen die entsprechende Grundausbildung und die Hygienestandards fehlen. Das betrifft aber schon die Branche an sich. Es kann natürlich auch sein, dass das unter den Coiffeuren weitergeht, also epidemisch weiterläuft. Es ist wichtig, für jeden Coiffeur und Barber, die Vorschriften nochmal zu checken und zu schauen, dass die Werkzeuge wirklich nach jedem Kunden desinfiziert werden und die Standards eingehalten werden. Ich sehe das schon als Schwierigkeit für unsere Branche im Moment.

Was beinhalten diese Standards alles? Wie halten Barbershops die Hygienevorschriften ein?
In einem guten Barbershop sieht man direkt, wenn man hereinkommt, ob der Salon sauber ist: Ob Haare auf dem Boden liegen, die Arbeitsflächen sauber sind, ob benutzte Handtücher herumliegen, ob die Einrichtung gepflegt ist und ob es nach frischer Luft riecht. Dann gehts darum, dass die Werkzeuge – Schere, Kämme und Rasierer – desinfiziert sind. Am besten wird das direkt vor dem Kunden gemacht. Es gibt dafür eine blaue Flüssigkeit, meistens eine Wasserstofflösung, die oftmals in den Barbershops steht. Wenn die Farbe zu dunkel, fast schwarz ist, steht das schon zu lange. Ausserdem nützt nur Eintunken in die Flüssigkeit nichts. Ein Kamm muss mindestens zehn Minuten da drin liegen, damit er sauber ist. Natürlich ist auch wichtig, dass die Klingen immer ausgetauscht werden.

Dann ist auch die persönliche Hygiene des Barbiers wichtig. Wäscht er sich die Hände, bevor der Kunde kommt, trägt er saubere Kleidung, desinfiziert er sich die Hände, bevor er mit der Arbeit startet? In unserer Schule vermitteln wir extrem hohe Standards, in der Hoffnung, dass die Leute das auch wirklich so mitnehmen in ihre Betriebe. Zum Beispiel arbeiten wir bei Rasuren mit Handschuhen. Dies ist extrem wichtig, weil man mit einer offenen Klinge an der Haut ist. Dann ist es auch wichtig, dass die Umhänge und Handtücher frisch gewaschen sind. Natürlich können Pilze auch über Umhänge und Handtücher übertragen werden und deswegen waschen wir bei uns im Salon nach jedem Kunden die Textilien. Ich empfehle ausserdem, einfach mal nachzufragen, was der Shop denn für die Hygiene macht. Es kann allerdings schwierig werden, die Hygienestandards einzuhalten, wenn ein Barbershop im 20-Minuten-Takt Kunden empfängt.

Heisst das, Sie empfehlen weniger Termine an einem Tag zu planen, damit die Hygienestandards eingehalten werden?
Definitiv. Man sollte mindestens fünf bis zehn Minuten zwischen den Kunden einplanen, um wirklich alles sauberzumachen. Oftmals arbeiten Barber alleine und brauchen deshalb diese Zwischenzeit.

Wäre es hilfreich, wenn es mehr externe Kontrollen bezüglich Hygiene gäbe?
Es gibt Kontrollen zur Reinigung, Desinfektion, Sauberkeit sowie zur Lagerung von Produkten. Dann gibt es auch Konsequenzen bei Verstössen – bis zur Betriebsschliessung. Wir hatten auch schon Kontrollen auf die Produkte bezogen – ohne Verstösse. Diese Kontrollen braucht es unbedingt und mir wäre es recht, wenn es noch viel mehr Kontrollen gäbe, damit Standards besser eingehalten werden. Ich finde alles gut, was die Sicherheit der Barbiere, der Friseure und der Kunden sicherstellt. Mir ist extrem wichtig, dass auch meine Mitarbeiter sicher sind. Infektionen können nicht nur die Kundschaft, sondern auch Coiffeure und Barbiere betreffen.

Was ist ihr persönlicher Eindruck, wie sich die Situation weiterentwickeln wird?
Ich glaube, dass der Kunde mündig ist. Es wird wahrgenommen, wenn Infektionen da sind. Betroffene werden sich äussern und so werden betroffene Läden von vornherein gemieden. Jetzt entsteht ein gewisses Bewusstsein, das – wie ich persönlich finde – schon sehr lange in die Branche gehört. Es gibt Leute, die wirklich darauf achten, wo sie hingehen, wie sich das Personal verhält und ob sauber gearbeitet wird. Das wird jetzt klarer wahrgenommen.

Dann hat die aktuelle Problematik auch einen positiven Effekt?
Ja, es wird einen Bewusstseinswandel geben. Ein Kunde, der vorher gedacht hat, ja gut, für 20 Franken Haare schneiden sei heutzutage normal, ist jetzt besser über den Hintergrund informiert. Denn das hat natürlich auch immer damit zu tun, auf was für einen Standard man sich einlässt. Da steht natürlich eine entsprechend hohe Taktung dahinter. Es ist halt nicht so, dass in jedem Salon die Handtücher gewaschen, Umhänge ausgetauscht oder das Werkzeug desinfiziert wird. Dieses neue Bewusstsein ist auch wieder eine Chance für die Leute, die wirklich seriös arbeiten und wirtschaften. Dann hat es sich für diejenigen nachhaltig Sinn ergeben, die letzten Jahrzehnte darauf zu achten, wirklich gut und sauber zu arbeiten.

veröffentlicht: 31. August 2024 07:41
aktualisiert: 31. August 2024 07:41
Quelle: ZüriToday

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